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Der 7. Sinn - Teilhabe + Sicherheit auf der Datenautobahn

Offener Brief des Projektes Weimars Gute Nachbarn an regionale, öffentlich-rechtliche Sender

Sehr geehrte Damen und Herren,

betagte und hochaltrige Menschen sind heutzutage kaum noch von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschlossen. Ihr Schicksal ist immer häufiger der Rückzug in die Häuslichkeit mit einkehrenden körperlichen Gebrechen und sie vereinsamen dadurch umso schneller, was wiederum die Lebenszeit weiter verkürzt. Eines haben diese Menschen aber durch die Bank weg gemeinsam: den Fernsehkonsum, insbesondere regionale und die klassischen bekannten Fernsehsender werden normalerweise auch aus Gewohnheit geschaut, deren Programmen wird Aufmerksamkeit geschenkt und auch ein gewisses Vertrauen entgegengebracht. Aus meiner täglichen Arbeit als Koordinatorin im Projekt Weimars Gute Nachbarn weiß ich dies umso mehr zu schätzen und möchte nun einmal ein Anliegen und eine Anregung mit Ihnen teilen, die schon sehr lange in mir reift, vielleicht finde ich ja ein wenig Gehör dafür ...

Unser Projekt ist bemüht eben jene alten und hochaltrigen Menschen mit jenen in Kontakt zu bringen, die ihnen ihre Zeit spenden und sie unterstützen möchten. Seit immerhin 8 Jahren sind wir in Weimar sehr gut etabliert und auch ich habe und hatte schon sehr viele Hausbesuche bei vielen Senior*innen, welche sonst kaum mehr als den Pflegedienst einmal am Tag begrüßen dürfen. Durch die Corona-Krise fällt für diejenigen nun so gut wie jeder Kontakt nach Außen weg. Seit Wochen harren sie aus, verlassen das Haus um nur Nötigstes für sich zu kaufen – und um zumindest ein paar Minuten am Tag ein paar andere Menschen zu sehen. Das ist ihr Tageshighlight ... Sie betreten die Läden mit mulmigen Gefühl, wohl auch weil viele Mitmenschen ihnen den selbastständigen Gang nicht mehr zutrauen und ihnen Hilfe aufdrängen für eine Krisenzeit, von der niemand weiß, wie lange sie dauert. Was danach kommt, ist unbekannt. So in Kürze der Inhalt meiner Gespräche mit Senior*innen aus Weimar und ich bin mir sicher, dass diese Situation auch in vielen anderen Orten so oder so ähnlich erlebt wird. 

Unsere Senior*innen sind auch allesamt sehr kamerascheu - wir bekommen häufig Anfragen von Funk und Fernsehen, die sie stets gut abzulehnen suchen, da ihnen Folgen im schlimmsten Falle aus dem TV selbst erklärt wird und im besten Falle sich nicht als interessant genug ansehen, einfach nur aus reiner Verunsicherung. Ich informiere und unser Projekt sieht sich auch als Schutz.... 

Ich als Vermittlerin einer Generation, die manchenfalls ja selbst nicht weiß, wie sie ihre Lage ändern soll und kann, aber so, wie es gerade läuft auch nicht als rechtens empfindet, sich oft genug im übereifrigen Engagement der Menschen leicht schon diskriminiert und dann wieder komplett alleingelassen fühlt, weil auch das "Zuhause bleiben und miteinander stark" sein schon zu lange so geschieht und keine Option in unserer hochtechnologisierten Welt sein kann und darf, frage Sie an! Was können Sie beitragen?

Und ich möchte Bezug nehmen auf den Vorschlag von Freau Regina Görner aus der Körber Stiftung:

"Schon heute haben einzelne Kommunen oder auch Verbände und Vereine es zu Recht als ihre Aufgabe begriffen, älteren Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zur Digitalisierung zu ermöglichen. Was fehlt, ist die nötige Flächendeckung. Ältere Menschen sind allerdings über die Strukturen des Bildungswesens oft nur noch schlecht erreichbar. Aber die meisten – das wissen wir – haben immer noch einen ziemlich hohen TV-Konsum. Da könnte man sie unmittelbar »abholen«, aber das wird so gut wie gar nicht genutzt. Es fehlt in den Programmen notorisch an Angeboten, die gezielt auf Ältere ausgerichtet sind. Wir wünschen uns TV-Formate, die gut aufbereitet, die Grundlagen der Digitalkompetenz so vermitteln, wie das vor Jahren mit dem beliebten »7. Sinn« für die Verkehrskompetenz erfolgreich praktiziert wurde: kurze, anschauliche Clips, die in regelmäßigen Abständen seriöse Information aufbereiten und eine hohe Zuschauerzahl ansprechen und auch zu Gesprächen anregen."

Es mag vielleicht für eine Person unter 75 Jahren befremdlich klingen, trotzdem erreicht Ihr Sender diese Generation am allerbesten und gerade in diesen Krisenzeiten haben wir nun lernen und erfahren können, das noch viel Pontential und Willen in den Menschen hoher Altersgruppen steckt. Und sie lern(t)en, dass dieses digitale Wissen in Zeiten wie diesen von großen Vorteil sind(!) - Wir dürfen nicht zulassen das die Selbstbestimmung der Alten letztendlich in Unmündigkeit endet sondern müssen ihnen Mittel und Wissen an die Hand geben, ein Teil unserer Gesellschaft zu sein und zu bleiben.

Vielen Dank und herzliche Grüße aus Weimar

Sabine Meyer
 

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